Wärmepumpen - ein klimaschonendes Heizungssystem?

Wärmepumpen für den Klimaschutz?

Wärmepumpen gelten als eine Möglichkeit, energieeffizient und umweltschonend zu heizen. Doch stimmt das? Die Antwort gibt Ihnen ein Artikel, der von Detmar Schaumburg und Dieter Seifried verfasst wurde.

Elektrische Wärmepumpen bremsen die Energiewende aus

57 000 Wärmepumpen sind  in 2011 nach einer Mitteilung des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) verkauft worden, ein Plus von gut zwölf Prozent im Vergleich zu 2010. Der Markt hat wieder angezogen, nachdem die zeitweise Unterbrechung des Marktanreizprogramms zu Verunsicherung bei den Verbrauchern geführt hatte. Unter optimalen politischen Rahmenbedingungen, sprich vor allem einer weiteren finanziellen Förderung, hält der BWP einen  Wärmepumpen-Absatz bis 2030 auf über 300.000 Stück pro Jahr für möglich. So das Ergebnis der im 2012 vorgestellten BWP-Branchenprognose.

Diese Entwicklung ist kein Beitrag zur Energiewende, im Gegenteil.

Elektrische Wärmepumpen werden nach wie vor als umweltfreundliche Heizungssysteme verkauft. Sie sind jedoch weit davon entfernt, diesem Anspruch gerecht zu werden. Aufgrund des niedrigen Wirkungsgrads fossiler Kraftwerke (Öl-, Gas-, Kohlekraftwerk) ist der Energiebedarf für elektrische Wärmepumpen in den meisten Fällen etwa ähnlich hoch wie der Verbrauch einer einfachen Erdgas-Brennwertheizung, in vielen Fällen sogar deutlich höher.

Betrachtet man die Emissionen beider Heizungssysteme, lautet das ernüchternde Ergebnis, dass die CO2-Emissionen einer elektrischen Luft-Wasser-Wärmepumpe (Wärmequelle: Außenluft) sogar wesentlich höher sind als die einer Gas-Brennwertheizung. Das zeigen im Februar 2011 veröffentlichte Untersuchungen des Fraunhofer Instituts für solare Energiesysteme. Danach lag die Arbeitszahl der untersuchten Luft/Wasser-Wärmepumpen im Durchschnitt dreier Jahre bei 2,74.  Erdreich-Wärme­pumpen brachten es nach einer intensiven Betreuungs- und Optimierungsphase durch Hersteller und Forschungsinstitute immerhin auf eine durchschnittliche Arbeitszahl von 3,75.

Die Jahresarbeitszahl beschreibt die Effizienz einer elektrischen Wärmepumpe. Eine Jahres­arbeitszahl von 3,0 bedeutet, dass für drei Kilowattstunden Wärme, die die Wärmepumpe liefert, 1 kWh Strom erforderlich ist. Die Jahresarbeitszahl darf nicht verwechselt werden mit der Leistungs­zahl COP (Coefficient of Performance), die das Verhältnis von gelieferter Wärme und eingesetzter elektrischer Energie im optimalen Betriebspunkt der Wärmepumpe angibt. Ausschließlich die Jahresarbeitszahl für das Gesamtsystem ist entscheidend dafür, wie viel elektrische Energie in der Wärmepumpe eingesetzt werden muss.

Was heißt die in der ISE-Studie ermittelte durchschnittliche Arbeitszahl von 2,74 für Wärmepumpen mit der Wärmequelle Luft nun konkret? Der Nutzwärmebedarf einer Wohnung von beispielsweise 20.000 kWh kann mit 7 299 kWh Strom gedeckt werden. Werden zehnprozentige Netzverluste sowie ein spezifischer CO2-Emissionsfaktor von 778 Gramm CO2/kWh berücksichtigt, so ergeben sich für diese Wärmepumpe rechnerisch Gesamt­emissionen von 6,25 Tonnen CO2 pro Jahr.

Im Vergleich mit einer Gas-Brennwertheizung schneidet die Wärmepumpe deutlich schlechter ab, wie folgende Rechnung zeigt: Bei dem angenommenen Wärmebedarf beträgt der Gasbedarf bei einem Jahresnutzungsgrad von 95 % (bezogen auf den Heizwert) 21 053 kWh. Dieser Verbrauch verursacht bei einem Emissionsfaktor von 227 g CO2/kWh Erdgas  jährliche Emissionen von 4,77 t CO2. Sprich, die elektrische Wärmepumpe verursacht etwa ein Viertel mehr CO2-Emissionen. Um 20% weniger CO2-Emissionen zu produzieren als ein Gas-Brennwertkessel, müsste die Wärmepumpe auf eine Jahresarbeitszahl von 4,4 kommen. Diesen Wert haben  jedoch weniger als 10% der Wärmepumpen mit der Wärmequelle Erdreich oder Wasser und keine Luft-Wärmepumpe beim ISE-Feldversuch erreicht – und zwar trotz intensiver Betreuung während der dreijährigen Testreihe.

Wie kommt es, dass die elektrische Wärmepumpe dennoch weiterhin als umweltfreundliches Heizungssystem gilt? Diese Einschätzung basiert auf einem rechnerischen Trick:

Die Energieversorger und auch einige Institute berechnen die durch die Wärmepumpen verursachten Emissionen mit dem spezifischen CO2-Emissionsfaktor des gesamten bundesdeutschen Strom-Mixes. Diesen Wert hat das Umweltbundesamt für das Jahr 2010 mit 563 g/kWh ermittelt. Um die von der Wärmepumpe verursachten Emissionen zu errechnen, muss jedoch der Erzeugungsmix der Mittellast-Kraftwerke angesetzt werden. Weshalb? Die Grundlastkraftwerke sind unabhängig von Lastschwankungen und der aktuellen Stromnachfrage sowohl im Winter als auch im Sommer voll ausgelastet. Den Strom für zusätzlich installierte Wärmpumpen können daher nur die Mittel- und Spitzenlastkraftwerke liefern. Diese Blöcke sind verstärkt im Winter im Einsatz, wenn die Nachfrage nach Wärmepumpenstrom ansteigt

Bei den Mittellastkraftwerken fielen 2010 durchschnittlich CO2-Emissionen von 778 g/kWh an[1]. Rechnet man noch die Netz- und Umspannverluste mit 10 % hinzu, so lagen die spezifischen CO2-Emissionen für den Strom-Input der Wärmepumpe sogar bei rund 865 g/kWh. An dieser Stelle wird sich der aufmerksame Leser vielleicht fragen, warum hier nicht mit durchschnittlichen Netzverlusten von 6% gerechnet wird? Der Hintergrund ist der Folgende: Die durchschnittlichen Netzverluste beziehen sich auf die gesamte Stromversorgung inklusive der Industrie, die überwiegend aus Mittelspannungsanlagen versorgt werden. Ein Teil der Umspannungs- und Netzverluste entfällt hier. Im Gegensatz hierzu wird der Strombedarf für zusätzliche Wärmepumpen über den gesamten Transportweg geleitet: der im Kraftwerk erzeugte Strom wird über einen Transformator auf Höchst- oder Hochspannung gebracht. Zu den hierbei anfallenden Verlusten addieren sich die Verluste des Transports auf der Hochspannungsebene, der Umspannung von der Hochspannung auf die Mittelspannung und von der Mittelspannungs- auf die Niederspannungsebene. Dazu kommen die Leitungsverluste bis zum Zähler. So gab z.B. RWE Energie im Jahr 1998 für die gesamte Versorgungskette einen Verlust von 10,4% an (Leonhard Müller, Handbuch der Elektrizitätswirtschaft, 2. Auflage 2001).

Es ist richtig, dass der dynamische Ausbau der Wind- und Solarenergie den durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionswert des Gesamtsystems reduziert. Die der Wärmepumpe zuzuschreiben­den Emissionen werden dadurch jedoch nicht beeinflusst. Wird eine Wärmepumpe installiert, so wird dieser Strom durch eine zusätzliche Erzeugung in fossilen Mittel- und Spitzenlast-Kraftwerken abgedeckt und nicht durch den zusätzlichen Einsatz von regenerativen Energie­quellen. Das wäre erst anders, wenn praktisch die gesamte Stromerzeugung regenerativ erfolgen würde.

Die Berechnung der Emissionswerte der elektrischen Wärmepumpe mit den durchschnittlichen Emissionswerten des gesamten Kraftwerksparks führt deshalb zu einer völligen Fehleinschätzung ihrer Klimawirksamkeit. Unberücksichtigt bleibt dabei auch, dass die Kältemittel für Wärmepumpen üblicherweise aus halogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW) bestehen, die ebenfalls klimawirksam sind.

Aber auch aus energiewirtschaftlicher Sicht ist die elektrische Wärmepumpe für Heizzwecke eine Fehlinvestition: Die Stromnachfrage der derzeit installierten rund 400 000 Wärmepumpen führt insbesondere in den Wintermonaten zu einer steigenden Stromlast, die den Ausstieg aus der Atomenergie wesentlich erschweren. Gerade in kalten Perioden ist die Leistungsziffer der elektrischen Wärmepumpe kleiner, weil die Temperatur der Wärmequelle niedriger ist und die Vorlauftemperatur für die Heizung angehoben werden muss. Deshalb sind viele elektrische Wärmepumpen mit einem zusätzlichen Heizstab ausgelegt, um eine ausreichen Wärmeversorgung der Gebäude an sehr kalten Tagen zu gewährleisten – was allerdings nach Auskunft  der Betreiber nicht in allen Fällen gelingt.

Während die Wärmepumpe die Energiewende behindert, leisten Blockheizkraftwerke einen wichtigen Beitrag zur sicheren Stromversorgung, weil sie gerade an kalten Tagen mit hoher Stromnachfrage volle Leistung und damit eine kontinuierliche Stromeinspeisung erbringen.

Der Weg in eine kohlenstoffarme und atomstromfreie Zukunft führt über Nahwärme-Versorgungssysteme, die aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Solaranlagen gespeist werden sowie über dezentrale Klein-BHKW, gasbetriebene Wärmepumpen und Pelletheizungen. Diese Technologien weisen heute und in den nächsten 15 bis 20 Jahren eine wesentlich bessere Klima- und Umweltbilanz auf als Gasheizungen oder elektrische Wärmepumpen. Daher können sie einen wichtigen Beitrag zum beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie leisten.

Dennoch fördert die Bundesregierung nach wie vor die Installation elektrischer Wärmepumpen in Bestandsgebäuden, sofern sie bestimmte Anforderungen auf dem Papier erfüllen. Was erstaunlich ist, denn elektrische Wärmepumpen behindern die Energiewende.

 

[1] Hierbei wurde zu Grunde gelegt, dass die eingesparten Kilowattstunden zu einem entsprechenden Rückgang der Stromproduktion aus Mittel- und Spitzenlastkraftwerken führen. Dabei wurde von einem Durchschnittsmix ausgegangen, wie er im Jahre 2006 in Deutschland anzutreffen war. Weiterhin wurden 6% Netzverluste zwischen der Stromerzeugung frei Kraftwerk und der Stromabnahme im Niederspannungsnetz angesetzt. Quelle: VDI 2007: Erstellung der Grundlagen für einen harmonisierten und fortschreibbaren Datensatz des deutschen Strommixes. Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

[2] Bezogen auf den unteren Heizwert. Quelle: Prof. Dr. Wolff, Fachhochschule Braunschweig Wolfenbüttel, Felduntersuchung – Betriebsverhalten von Heizungsanlagen mit Gas-Brennwertkesseln“, Juli 2004

Wärmequelle

Jahresarbeitszahl mit Fußbodenheizung

Jahresarbeitszahl mit Radiatorheizung

Luft

2,8 (7Anlagen)

2,3 (5 Anlagen)

Erdreich

3,4 (11 Anlagen)

3,3 (2 Anlagen)

Grundwasser

3,0 (6 Anlagen)

3,4 (1 Anlage)

Mittelwerte gemessener Jahresarbeitzahlen elektrischer Wärmepumpen; Quelle: Lokale Agenda-21-Gruppe Lahr (Stand März 2008)

 zurück