Ein Bärendienst für den Klimaschutz

BZ-GASTBEITRAG:

 

Dieter Seifried hält die Prämie für Elektrofahrzeuge für eine unsinnige Subvention.

Die Bundesregierung beschließt klimaschädliche Maßnahmen und finanziert sie aus dem nationalen Klimaschutzfonds. Die unsinnigen Subventionen kompensiert sie mit zusätzlichen Umsatzsteuereinnahmen aus dem E-Fahrzeug-Verkauf. Dieser Zusammenhang lässt sich leicht anhand des Lieblingsautos der Deutschen nachvollziehen.

Ein Golf Blue Motion TSI wird von VW mit einem CO2-Ausstoß von 99 Gramm pro Kilometer angegeben. Umgerechnet auf 100 Kilometer sind dies 9,9 Kilogramm CO2. Der E-Golf steht mit 12,7 Kilowattstunden Verbrauch pro 100 Kilometer in den Büchern und wird als effizientester seiner Klasse angepriesen. Um eine zusätzliche Kilowattstunde zu produzieren muss in einem Kohlekraftwerk zusätzliche Kohle verbrannt werden. Dabei entstehen mehr als 0,8 Kilogramm CO2. Warum darf man bei den Emissionsberechnungen nicht den Strom-Mix zugrunde legen? Die Erklärung ist einfach, aber nicht zu widerlegen: PV-Anlagen, Windkraftanlagen und AKW produzieren immer, wenn sie können und betriebsbereit sind, da ihr variable Kosten nahezu null sind. Wegen eines E-Fahrzeugs werden sie nicht mehr Strom produzieren. Also muss der zusätzliche Strom aus einem Kraftwerk kommen, das nicht ausgelastet ist. Denkbar wäre auch, dass weniger Strom exportiert wird – dann würde im Ausland ein fossiles Kraftwerk hochgefahren. So entstehen mit dem Anschluss der E-Fahrzeuge an die Steckdose selbst in einem modernen Kohlekraftwerk Mehremissionen von über 0,8 Kilogramm CO2 pro Kilowattstunde. Rechnet man die Netzverluste hinzu, so kommt man für den E-Golf auf über 10 Kilogramm CO2 auf 100 Kilometer.

Gutmeinende erwähnen bei der Emissionsbetrachtung für Elektrofahrzeuge, dass diese nur dann sauber sind, wenn die Halter sie mit Öko-Strom betanken. Dabei übersehen sie jedoch, dass es sich bei fast allen Ökostromangeboten um Mogelpackungen handelt und kein Gramm CO2 eingespart wird. Kein Vorteil also für den Klimaschutz – aber der Fördertopf für effiziente Klimaschutzmaßnahmen wird geplündert.

Der finanzielle Schaden für den Staatshaushalt ist allerdings zunächst unbedeutend: Während Finanzminister Wolfgang Schäuble mit einer Hand 2000 Euro gibt, nimmt er mit seiner Umsatzsteuerhand 2300 Euro mehr ein. Grund: Der E-Golf ist auch nach Abzug des Herstellerzuschusses von 2000 Euro noch 12 000 Euro teurer. Langfristig gesehen, wird es für den Bund jedoch teurer, da die wegfallende Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuereinnahmen wesentlich größer sind als die zusätzliche Strom- und Umsatzsteuer die durch den zusätzlichen Stromverbrauch des E-Fahrzeugs vereinnahmt werden.

Das perfide an der Sache sind die Lügen mit der eine wirkliche Klimaschutzpolitik vermieden werden soll. Während man Klimaschutz vorgibt, wird (schlechte) Industriepolitik gemacht. Würde man es mit dem Klimaschutz ernst meinen, würde das Steuerprivileg für große Geschäftswagen abgeschafft, würden SUVs und andere Klimaschädlinge stärker besteuert, würde ein Tempolimit eingeführt und der öffentliche Nah- und Fernverkehr ausgebaut, sowie die Infrastruktur für nichtmotorisierten Verkehr verbessert. In diesem Szenario würden auch leichte E-Fahrzeuge ihren Platz haben und sollten gefördert werden.

An dieser Stelle kommt in der Regel der Einwand, dass die Energiewende auf 100 Prozent regenerativen Strom zusteuert und bis zum Jahr 2050 der Strom nahezu ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen kommen wird. Diese Entwicklung wurde zwar mit der Unterschrift unter das Klimaschutzabkommen von Paris rechtlich bindend zugesagt – nur findet derzeit im Energiesektor eine umgekehrte Entwicklung statt: Mit Rücksicht auf die schlechte wirtschaftliche Lage der großen Energiekonzerne wird der Zubau der regenerativen Energiequellen gezielt abgebremst. Dieser Prozess könnte noch verstärkt werden, sollte der vorliegende Referentenentwurf vom April 2016 für das neue EEG (besser: für die Abschaffung des EEG) vom Gesetzgeber umgesetzt werden. Kommuniziert wird das Ganze aber unter kostengünstigem Klimaschutz.

Guter Rat an die Regierungsparteien: Anstatt den Klimaschutz herunterzufahren, um die Energiekonzerne zu schonen, anstatt Prämien für die Automobilindustrie unter dem Deckmantel "emissionsfreier" Fahrzeuge auszuloben, anstatt Klimaschutzpolitik zu kommunizieren und Industriepolitik und Konzernförderung zu betreiben, sollte die Regierung ihre selbstgesteckten Klimaschutzziele durch echte, wirksame Klimaschutzmaßnahmen im Energie- und Verkehrsbereich angehen.

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